Die Freiwilligen Feuerwehren von Willich, Kempen, Grefrath und Tönisvorst können wegen der Pandemie seit Monaten keine Übungsabende und Weiterbildungen mehr durchführen. Eine Belastung für die gesamte Wehr.
WILLICH/KEMPEN/TÖNISVORST/GREFRATH | Alle Einsätze sind bis jetzt reibungslos verlaufen, dennoch macht sich Hans-Konrad Funken, Wehrleiter der Freiwilligen Feuerwehr Grefrath, Sorgen. Und die betreffen die Übungsabende der Löschzüge in Grefrath. „Seit März vergangenen Jahres sind die normalen Übungsabende eingestellt. Erst ging gar nichts, dann durften wir im Sommer mit kleinen Gruppen arbeiten, aber seit November ruht erneut alles“, sagt Funken. Dabei ist das Üben mehr als wichtig für die Wehren, die allesamt mit Ehrenamtlern bestückt sind.
Funken vergleicht die Arbeit der Feuerwehr mit einem Handwerk. Wer darin gut sein wolle, erreiche es nur mit viel Übung. Die praktische Arbeit an sich, der Umgang mit der Ausrüstung, das perfekte Zusammenspiel der Wehrleute, das bei einem Einsatz unabdingbar ist – alles wird normalerweise an den alle 14 Tagen stattfindenden Übungsabenden trainiert, um für den Ernstfall bestens gerüstet zu sein. Zurzeit fallen die Übungsabende aber aus.
„Feuerwehr muss einfach funktionieren. Es kommt auf jede Sekunde an. Durch das Nicht-Üben steigt das Risiko, dass ein Einsatz nicht reibungslos läuft. Wobei wir derzeit gar nicht absehen können, wann wir wieder Übungsabende abhalten dürfen. Momentan ist es aufgrund der Pandemie einfach zu gefährlich. Wir müssen unsere Leute schützen“, sagt Funken. Gerade für Neulinge sei das Üben wichtig, weil einfach noch die Routine fehle. Lehrgänge und Fortbildungen ruhen ebenso.
Bürger, die der Feuerwehr beitreten möchten, können dies zwar tun, aber sie können die Grundlehrgänge nicht absolvieren. Praktisches Mitarbeiten fällt so weg. „Anfragen für die Grundausbildung haben wir, aber wir können im Moment nichts bieten. Das gab es noch nie. Uns sind die Hände gebunden“, sagt Funken. Er blickt sorgenvoll in die Zukunft, denn die Auswirkungen des ganzen Szenarios sind nicht absehbar.
„Wir leben von der Substanz, von dem, was unsere Leute können“, sagt Andreas Winges. Der Pressesprecher der Freiwilligen Feuerwehr Kempen sieht in den fehlenden Übungsabenden die Gefahr, dass Erlerntes verloren geht. Für die ehrenamtlichen Wehrleute der Feuerwehr sei Üben unabdingbar. Üben mache die Wehrleute sicher und schnell. Doch der Schutz der Wehrleute an sich gehe vor, damit Personal für Einsätze in ausreichender Menge zur Verfügung stehe.
Lediglich zur Materialpflege halten sich einzelne Wehrleute außerhalb der Einsätze in den Feuerwehrgerätehäusern auf. Dazu kommt das digitale Angebot. „Was wir an digitalem Unterricht anbieten können, das machen wir“, informiert Jan Gläser, Sprecher der Freiwilligen Feuerwehr Tönisvorst. Die jährliche Fahrerbelehrung, die normalerweise im Gerätehaus stattfindet, hat so per Internet stattgefunden. Auch die Feuerwehrdienstvorschriften werden auf diesem Weg besprochen. Alle Innendienstschulungen sind auf digital umgestellt worden. So soll auch die neue Wärmebildkamera allen Feuerwehrkameraden vorgestellt werden. „Feuerwehr ist aber ein großes Stück Lernen durch Anfassen und praktisches Arbeiten. Die klassischen Übungen mit dem Gerät fehlen auf der ganzen Linie“, sagt Gläser, der selber Brandmeister im Löschzug St. Tönis ist. Nicht nur der Ausbildungsdienst leidet unter den gegebenen Umständen, sondern auch die Kameradschaft, die Feuerwehr mit ausmacht. Dennoch sei gerade in Zeiten von Corona einer für den anderen da, fügt Gläser an.
„Wir werden mit der Situation leben müssen und das Beste daraus machen. Wir sind für die Bürger da, das ist jedem der Kameraden bewusst. Die Einsatzfähigkeit ist gewährleistet“, bringt es Thomas Metzer, Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Willich, auf den Punkt. Die Willicher Feuerwehr ist, was das Üben angeht, auf die internetbasierte Form umgestiegen und hat neben den klassischen Themen Unfallverhütung und Verkehrsbelehrung verschiedene Themen komplett digitalisiert. Themen, bei denen normalerweise ein Ausbilder vorne steht und praktisches erklärt.
So gibt es jetzt unter anderem die technische Hilfe an Fahrzeugen in der digitalen Variante. Die Interaktion ist zwar nicht gegeben, aber zumindest geht es weiter. Mit der Grundausbildung wird ebenso in der Theorie gestartet. „Wenn es uns möglich ist, werden wir die praktischen Teile anschließen“, so Metzer.
Bei Einsätzen ist die FFP2-Maske der ständige Begleiter, sobald das Feuerwehrgerätehaus betreten wird. Die Einsatzwagen werden nicht mehr in der vollen Mannstärke besetzt. Wo sonst neun Leute mitfahren, sind es jetzt nur noch sechs. Gefahren wird dabei mit geöffneten Fenstern. Nach einem Einsatz werden alle Kontaktflächen zusätzlich desinfiziert. Abschließende Einsatzbesprechungen finden in aller Kürze statt. Gemeinsam noch ein Getränk zu sich nehmen und sich mit den Kameraden austauschen entfällt.
Und dann leidet noch jemand unter der Pandemie – und das sind die Jugendfeuerwehren, aus denen die Wehren einen Großteil ihres Nachwuchses generieren. In diesem Bereich läuft seit Monaten nichts mehr. Und das gilt auch für die Kinderfeuerwehr.
Quelle: RP